Interview

VRP und CEO im Gespräch

WWZ agiert in einem Markt und einer Branche, die von starken Veränderungen geprägt sind. Umso wichtiger sind Weiterentwicklung und Fokussierung auf die Kundinnen und Kunden. Das Kerngeschäft ist und bleibt die sichere Versorgung mit Strom, Gas, Wärme, Wasser und Telekommunikation. WWZ investiert wie schon in den vergangenen auch in den nächsten Jahren hohe Summen in den Ausbau der Infrastruktur.

Lesen Sie das Interview mit Verwaltungsratspräsident Frank Boller und CEO Andreas Ronchetti Salomon und erfahren Sie mehr über die Unternehmensstrategie und die geplanten Projekte.

Andreas Ronchetti Salomon, Mitte August 2023 haben Sie die Position als CEO übernommen. Wie haben Sie persönlich das Jahr 2023 bei WWZ erlebt?

Andreas Ronchetti Salomon: Es war ein intensives Jahr, da ich die Doppelfunktion als CEO und CFO innehatte. WWZ ist eine tolle Firma mit sehr engagierten Mitarbeitenden, welche mich super unterstützt haben. Ich freue mich, zusammen mit meinem Team unsere Kundinnen und Kunden weiterhin zuverlässig mit Energie und Telekommunikation zu versorgen.

Welche Veränderungen haben Sie seither angestossen? 

Ronchetti Salomon: Wir haben bereits eine stimmige Strategie. Die Kundenorientierung ist uns sehr wichtig und wir möchten noch näher bei den Kunden sein. Aber auch die Effizienz unserer Prozesse ist ein Schwerpunkt. Damit wir kompetente und motivierte Mitarbeitende gewinnen und halten können, haben zudem strategische Personal- und Führungsthemen einen hohen Stellenwert.

Welche Ziele verfolgen Sie künftig? 

Ronchetti Salomon: Die zuverlässige, effiziente Versorgung unserer Kunden mit Energie und Telekommunikation ist unser Kerngeschäft. Dabei stehen die Optimierung und die Verknüpfung der Energieträger, die Netzstabilität und Speicherlösungen zunehmend im Zentrum. Auch werden wir die Fernwärme in unserem Versorgungsgebiet gezielt weiter ausbauen. Und selbstverständlich wollen wir auch eine angemessene Rendite erwirtschaften.

Frank Boller, das Geschäftsleitungsgremium hat 2023 einige Veränderungen erfahren. Hat dies mit der neuen Strategie zu tun?

Frank Boller: Die aktuelle Strategie setzt neue Schwerpunkte in den Geschäftsbereichen und den operativen Prioritäten. Die übergeordneten Ziele sind aber unverändert. Dass sich neue Prioritäten und neue Anforderungen auf die personelle Besetzung der Geschäftsleitung auswirken, ist die logische Konsequenz. Neu wurde zum Beispiel die Personalchefin in die Geschäftsleitung berufen, um den Personalthemen mehr Gewicht zu verleihen. Andere Veränderungen waren aber auch altersbedingt.

Verfolgt WWZ eine Wachstumsstrategie?

Boller: Unser oberstes Ziel ist die nachhaltige und sichere Versorgung unserer Kunden in unserem Versorgungsgebiet. Als Infrastrukturunternehmen fokussieren wir uns auf Themen, die unsere Ziele unterstützen und profitables Wachstum erlauben. Es geht also weniger um Volumenwachstum, sondern eher um Fortschritte in der Effizienz und der Wirkung unserer Angebote.

Welches sind die aktuellen und zukünftigen Investitionsschwerpunkte von WWZ?

Ronchetti Salomon: Die Instandhaltung, Erneuerung und Erweiterung der Versorgungsinfrastruktur ist kapitalintensiv. Um eine sichere Wasserversorgung auch bei zunehmender Trockenheit sicherzustellen, werden Zusatzinvestitionen notwendig werden. Der Fernwärmeausbau bietet langfristige Chancen. So planen wir nebst Circulago und Ennetsee in Steinhausen mit einem neuen Verbund zu starten. Auch in Baar laufen diesbezüglich Abklärungen. Gezielt werden wir die Glasfasernetze weiter ausbauen. Der Bau von Energiespeichern und erneuerbaren Produktionsanlagen gehört auch zu unserem Investitionsprogramm.

Welchen Stellenwert hat die Nachhaltigkeit in Ihrer Strategie?

Ronchetti Salomon: Die Nachhaltigkeit hat einen hohen Stellenwert. Nachhaltigkeit bedeutet für uns eine kundenorientierte, sichere, zuverlässige, ökonomische und ökologische Versorgung unserer Kundinnen und Kunden mit Energie und Kommunikation.

Wir sind und bleiben die zuverlässige Versorgungspartnerin für die Bevölkerung und die Wirtschaft im Grossraum Zug und darüber hinaus. 

Frank Boller, Präsident des Verwaltungsrats

Wie wichtig ist die regionale Verankerung für Ihr Geschäftsmodell?

Boller: WWZ ist stark verwurzelt in der Region Zug. Wir sind ein Zuger Unternehmen. Der Grossteil unserer Infrastruktur liegt in Zug. Deshalb liegt unser Hauptfokus klar auf dieser Region. Unser Geschäftsmodell soll die Dekarbonisierung und die Energieeffizienz fördern und damit einen Mehrwert für die Region leisten.

WWZ setzt mit den Wärmeverbunden grosse Generationenprojekte um und senkt damit den CO₂-Ausstoss erheblich. Wie ist die aktuelle Nachfrage nach Anschlüssen an die Energieverbunde?

Ronchetti Salomon: Da wir keine Anschlusspflicht kennen, müssen wir mit unseren Produkten wettbewerbsfähig sein. Unsere Kundinnen und Kunden schätzen den Mehrwert unserer Lösungen und der Verkaufserfolg gibt uns  Recht. Die Nachfrage nach fossilfreier, zuverlässiger Wärme und Kälte ist gross. Der Umbau der Wärmeversorgung hin zu Fernwärme ist ein wichtiger Pfeiler in der Energiestrategie der Schweiz.

WWZ tätigt grosse Investitionen in die neuen Energieverbunde. Wie entwickeln sich diese Projekte finanziell?

Ronchetti Salomon: Fernwärme ist ein starker Trend. Das hat WWZ frühzeitig erkannt und daher schon früh auf diese Form der erneuerbaren Energien gesetzt. Es handelt sich dabei um langfristige Investitionsprojekte. Infolge der hohen Investitionen und Vorleistungen werfen die Energieverbunde noch negative Renditen ab. Erst mit der zunehmenden Auslastung werden die Verbunde profitabel. Dies dauert pro Verbund mehrere Jahre. Dann jedoch erzielen die Energieverbunde stabile Cashflows und angemessene Renditen. WWZ erbringt mit dem Ausbau der Fernwärme und -kälte eine grosse Vorleistung und einen substanziellen Beitrag an die Dekarbonisierung im Kanton Zug.

Wie beeinflussen die hohen Investitionen in die Energieverbunde die Möglichkeit von WWZ, auch in anderen Geschäftsbereichen zu wachsen?

Boller: Natürlich sind die Ressourcen beschränkt, aber dank der soliden, konservativen Bilanzstruktur von WWZ können wir neben den anderen Investitionen auch den gezielten Ausbau der Energieverbunde finanzieren. Zur Refinanzierung steht uns der Kapitalmarkt zur Verfügung. So hat WWZ 2021 die erste kotierte Anleihe herausgegeben.

Wie beeinflusst das neue kantonale Energiegesetz die Nachfrage?

Boller: Das kantonale Energiegesetz setzt Bedingungen für das Erreichen der Energiestrategie 2050 des Bundes in Bezug auf Erneuerbarkeit, Verbrauch und Effizienz. WWZ bietet mit ihrem Angebot weitreichende Lösungen für die Umsetzung der Vorhaben, sei es durch CO₂-arme Wärmelösungen, Elektromobilitätslösungen oder Unterstützung im Bau und Betrieb von Photovoltaik-Anlagen.

Wie hat sich das Segment Elektrizität 2023 entwickelt?

Ronchetti Salomon: Die Energiemärkte haben sich nach den Verwerfungen im Vorjahr wieder beruhigt. Während der Krise stiegen die Energiepreise sehr schnell sehr stark an, was für unsere Kundinnen und Kunden, aber auch für uns sehr anspruchsvoll war. Mittlerweile haben sich die Preise für Strom und Gas zwar entspannt, liegen aber immer noch über dem Preisniveau von vor der Energiekrise. Die Volatilität und Unsicherheiten bleiben hoch. Im Berichtsjahr 2023 hat die Entspannung für WWZ zu einer Erholung der Margen und zur Aufholung von Unterdeckungen geführt. Zusätzlich hat sich das Handelsergebnis positiv ausgewirkt.

Ist die Gefahr einer Strommangellage behoben?

Boller: Die gesamte Branche hat sehr schnell und gut auf die drohende Strommangellage reagiert. Mittlerweile sind die Stauseen gut gefüllt und die französischen AKWs sind wieder zuverlässig am Netz. Gesamthaft betrachtet, hat sich die Lage definitiv beruhigt. Das Risiko besteht jedoch weiter, falls mehrere negative Faktoren zusammentreffen.

Welche Erwartungshaltung haben Sie an die Entwicklung des Stromabsatzes in Ihrem Versorgungsgebiet in den nächsten 10 bis 20 Jahren?

Boller: Wir gehen netto von einer starken Zunahme aus, obwohl der Verbrauch in der Schweiz in den letzten Jahren nicht gestiegen ist. Infolge der Elektrifizierung des Verkehrs, der wachsenden Anzahl von Wärmepumpen und des Bevölkerungswachstums wird der Strombedarf stark zunehmen. Ein Teil des zusätzlichen Strombedarfs kann durch Effizienzmassnahmen wieder kompensiert werden.

Wie sieht die Beschaffungsstrategie von WWZ beim Strom aus und welche Auswirkungen hat diese auf den Strompreis?

Ronchetti Salomon: Aktuell kaufen wir rund 80 % des Strombedarfs an den Strommärkten ein. Also nur rund 20 % stammt aus eigener Produktion oder aus langfristigen Beteiligungen an Produktionsanlagen. Unsere Strompreise hängen stark von den Marktpreisen ab. WWZ ist deshalb interessiert, die langfristigen Beteiligungen an nachhaltiger Stromproduktion zu erhöhen. Für die Grundversorgung beschaffen wir strukturiert über drei Jahre mittels Termingeschäfte. Dies glättet die Preisauf- und abschläge für unsere Kundinnen und Kunden.

Fernwärme ist ein zentrales Element der Energiestrategie 2050. Das hat WWZ frühzeitig erkannt und daher schon früh auf diese Form der erneuerbaren Energien gesetzt.

Andreas Ronchetti Salomon

Wie erweitert WWZ ihre eigenen Stromproduktionskapazitäten?

Boller: Bei der Wasserkraft haben wir das Potenzial in Zug mit unseren Kraftwerken an der Lorze ausgeschöpft. Diese decken rund 5 % des Strombedarfs. Der Gesetzgeber fördert den Ausbau der Photovoltaik. Diese Produktionsquelle wächst stark. WWZ prüft laufend Möglichkeiten für Beteiligungen oder Bezugsverträge an Schweizer Produktionsanlagen für erneuerbare Energie.

Wie wichtig ist das Geschäft mit Ladestationen für WWZ?

Ronchetti Salomon: Der Bereich der Elektromobilität wächst stark, ist umsatzanteilig aber klein. Unser Fokus liegt auf den Mehrstationenlösungen. Nebst den Ladestationen bieten wir vor allem auch Betriebs- und Abrechnungsdienstleistungen für die Kundinnen und Kunden an, und dies schweizweit.

Wie entwickelt sich der Ausbau der Photovoltaik-Anlagen?

Ronchetti Salomon: Die Zahl der neuen Photovoltaik-Anlagen in unserem Versorgungsgebiet hat 2023 um über 50 % gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Der Trend hält an. Solarproduzenten nutzen den selbst produzierten Strom primär für ihren Bedarf. Für den Überschuss erhalten sie eine Einspeisevergütung.

Welche Auswirkungen erwarten Sie auf WWZ durch die erneut diskutierte Öffnung des Schweizer Strommarktes für Kunden der Grundversorgung und wie bereiten Sie sich auf diese Öffnung vor?

Boller: Die Strommarktöffnung wird seit vielen Jahren diskutiert. Unabhängig davon, ob sie in den nächsten Jahren kommen wird oder nicht, wollen wir unsere Kundenorientierung und Effizienz stärken. Darüber hinaus wollen wir attraktiv sein für Fachkräfte und ein innovatives, agiles Umfeld fördern. Dies ist die beste Vorbereitung.

Welche Strategie verfolgt WWZ im Bereich Telekommunikation?

Boller: Wir glauben an die Zukunft des Telekomgeschäftes. Mit über 100’000 Kundinnen und Kunden ist das ein wichtiges Geschäftsfeld für unsere Gruppe. Drei Themen sind dabei von zentraler Bedeutung: die Infrastruktur, konkurrenzfähige Produkte und Dienstleistungen sowie ein guter Kundenservice. Wir investieren in alle drei Bereiche. Beispielsweise bauen wir die Glasfaserinfrastruktur zusammen mit der Swisscom weiter aus. Auch nehmen wir Gelegenheiten wahr, um unser Versorgungsgebiet zu erweitern. Zudem sind wir derzeit an der Erneuerung unseres attraktiven Produkteportfolios. Der Beitrag des Telekomgeschäftes war im Berichtsjahr aber rückläufig wegen hoher Beschaffungspreise und grossen Drucks auf die Verkaufspreise. Zur Erhöhung der Ertragskraft und der Flexibilität wird WWZ die Produktbeschaffung im Bereich Telekom in den folgenden zwei Jahren wesentlich optimieren und die Betriebskosten mittelfristig senken können.

Wohin will sich WWZ entwickeln?

Boller: Wir wollen die zuverlässige Versorgungspartnerin für die Bevölkerung und die Wirtschaft im Grossraum Zug und darüber hinaus bleiben. Unsere Produkte und Dienstleistungen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit. Mit innovativen Verknüpfungen der unterschiedlichen Energieträger und -speicher werden wir die Effizienz der Energieangebote weiter steigern. 

In den vergangenen Monaten war der Aktienkurs von WWZ unter Druck geraten. Was sagen Sie den Aktionärinnen und Aktionären?

Ronchetti Salomon: Die Unsicherheiten in der Energiebranche sind und waren nach der Energiekrise mit der Strommangellage und den hohen Preisen gross. Die Lage hat sich beruhigt und WWZ hat einen erfolgreichen Abschluss 2023 erzielt. WWZ ist solide finanziert und mit ihrer Geschäfts- und Investitionsstrategie langfristig orientiert. Vorübergehend belastet der Aufbau der Energieverbunde und die Umstrukturierung des Telekomgeschäftes die Profitabilität. Der Aktienkurs liegt unter dem aktuellen Buchwert pro Aktie.

Organisation

Die Geschäftsleitung von WWZ

WWZ nimmt ihren Versorgungsauftrag zuverlässig wahr. Die Geschäftsleitung setzt sich zusammen mit allen Mitarbeitenden dafür ein, Aufgaben und Herausforderungen lösungsorientiert und verantwortungsvoll zu erfüllen. Der Anspruch an eine hohe Qualität hat für WWZ Priorität.